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Lerncafé im Quartier: Beispiel Lernoase in Schwerin /Müßer Holz

Lerncafé im Quartier: Beispiel Lernoase in Schwerin /Müßer Holz

Im Lerncafé Lernoase des IB Schwerin im Stadtteil Müßer Holz werden gering literalisierte Erwachsene beim Erlernen bzw. der Vertiefung ihrer Lese- und Schreibfähigkeiten unterstützt, um organisatorische Tätigkeiten des täglichen Lebens allein bewältigen und am gesellschaftlichen und demokratischen Leben teilhaben zu können. Die Lernoase ist ein Ort, an dem Betroffene in ihrem Tempo und je nach Interesse auf ganz niedrigschwellige Art und Weise spielerisch, kreativ und lebenspraktisch ihre Kompetenzen im Bereich Lesen und Schreiben festigen und erweitern können.

Kennenlerngespräch zu Beginn

Vor dem Start der Lerneinheiten erfolgt ein Kennenlerngespräch zwischen dem/der Lernenden, ggf. einer Vertrauensperson und der/dem Projektmitarbeitenden. In diesem Gespräch geht es um die Erwartungen und Wünsche der Lernenden sowie mögliche für sie passende Angebote der Lernoase. Außerdem werden digitale Angebote für gering Literalisierte vorgestellt, welche die Lernenden zusätzlich oder auch unabhängig zum Angebot der Lernoase nutzen können.

Während des Gesprächs wird auf die Freiwilligkeit, Diskretion, Kostenfreiheit und die Orientierung auf das persönliche Interesse und den individuellen Kenntnisstand hingewiesen, um eventuelle Hürden in den Rahmenbedingungen zu nehmen. Dann werden Kontaktdaten ausgetauscht und regelmäßige Termine für die Lerneinheiten vereinbart.

Angebot im 1-zu-1-Setting

Das Angebot in der Lernoase erfolgt zunächst im 1-zu-1-Setting. Dies hat den Vorteil, dass die Lernenden in ihrem Tempo und in ihrem Interesse die Lerneinheit gestalten können. Außerdem geht der Einzelkontakt mit einer ruhigen und diskreten Arbeitsatmosphäre einher, steigert somit die Konzentration und festigt eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Die Teilnehmer*innen können ihre (Lern-)Biografie reflektieren, bisherige Lern-Erfolge herausarbeiten und Strategien zum weiteren Lernen entwickeln. Dies kann auch im Rahmen einer Lernberatung erfolgen.

Methodik

Die Lernenden werden an ihrem Kenntnisstand abgeholt, die Lerneinheiten sind daran und an den aktuellen Interessen bzw. Bedarfen der Teilnehmer*innen orientiert. Vor jeder Lerneinheit können die Lernenden entscheiden, welches Thema sie bearbeiten möchten. Dabei kommen unterschiedliche Methoden zum Einsatz:

  • Spielerisch: Eingesetzt werden Gesellschaftsspiele, die Lese- und Schreibanlässe im Spielverlauf bieten.
  • Kreativ: Die Erstellung von Grußkarten, einfachen Geschichten, Armbändern, der Umgang z.B. mit Ton oder die Nutzung von Hörbüchern bieten Lese- und Schreibanlässe.
  • Alltagsorientiert: Das gemeinsame Kochen bietet diverse Schreib- und Leseanlässe vom Raussuchen eines Rezepts über das Schreiben einer Einkaufsliste und dem Einkauf der Zutaten bis hin zum Kochen nach Rezept. Es werden Briefe aus der Kita gelesen und beantwortet, Handyeinstellungen überprüft und vieles mehr aus dem direkten Alltag.
  • Mobilität: Verstehen von Fahrkartentarifen und Fahrplänen des ÖPNV, Lernen für die Führerscheinprüfung o.ä.
  • Neben niedrigschwelligen und lebensweltorientierten Lerngelegenheiten kann auch ein Lernen im eher formalen Setting mit Arbeitsblättern und Regelwerk erfolgen.

Materialien

In der Lernoase gibt es eine Bibliothek mit Büchern in einfacher Sprache. Außerdem verfügt die Lernoase über diverse Gesellschaftsspiele, Bastelmaterialien und Übungsmaterialien für gezielte Lese- und Schreibanlässe. Sofern gewünscht, werden auch mitgebrachte Formulare, Schreiben von Behörden/Kita/Schule und sonstige Briefe und Materialien im Rahmen der Lernoase bearbeitet.

Dokumentation

Inhalte und Ergebnisse der Lerneinheiten werden mittels Fotos und schriftlicher Aufzeichnungen festgehalten und in einer persönlichen Mappe eingeheftet. So kann der Fortschritt jeder*s Teilnehmenden dokumentiert und bei Bedarf reflektiert oder gezeigt werden.

Lernumgebung

Für die optimale Lernumgebung in der Lernoase sind folgende Rahmenbedingungen nötig und vorhanden:

  • Diskrete und störungsfreie Umgebung
  • Vertrauensvolle, freundliche Atmosphäre
  • Kostenfreier, barrierefreier Zugang zum Angebot
  • Feste Ansprechperson
  • Terminliche Absprachen

Gelingensbedingungen

Das IB-Mehrgenerationenhaus in Schwerin, in dem die Lernoase verortet ist, ist im Stadtteil etabliert als einladende und offene Institution, die bei vielen Bewohner*innen mit positiven Erfahrungen verbunden ist. Mit der Verortung der Lernoase in dieser Institution lassen sich somit Teilnahmebarrieren an Lernangeboten, die durch negative Erfahrungen mit Behörden, Schulen oder Ämtern entstanden sind, verringern.

Folgende Grundsätze prägen das Angebot der Lernoase:

Hier falle ich nicht auf: Lernangebote, welche an Orten stattfindet, an denen viele andere, unterschiedliche, offenen Angebote etabliert sind, lassen Hemmungen und Hürden schmälern.

Lernen macht mir Spaß: Lernangebote, die im ersten Schritt individuell und flexibel gestaltet sind und sich an den Interessen der Betroffenen richten, verringern die Abbrüche.

Lernen kann ich überall: Lernangebote ermöglichen unvoreingenommenes Lernen, wenn die Räumlichkeiten nicht an ein klassisches Schulambiente erinnern.

Dich kenne ich, dir vertraue ich: Die Ansprache über sensibilisierte Fachkräfte, die bereits seit längerem durch andere Kontexte im Kontakt zu Betroffenen sind, ist besonders erfolgreich.

Lernen macht mich stark: Lernangebote brauchen Lernbegleiter, die Betroffene ernst nehmen, sie in ihrem Tempo Erfahrungen sammeln lassen und Erfolge in den Vordergrund stellen.

Öffentlichkeits- und Netzwerkarbeit

Es werden diverse Kanäle im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit genutzt, um gering literalisierte Erwachsene zu erreichen sowie  

die Öffentlichkeit und das mitwissende Umfeld über das Angebot zu informieren:

  • Flyer werden im Stadtteil und im Stadtgebiet Schwerin verteilt, Plakate sind z.B. in öffentlichen Schaukästen im Stadtteil ausgehängt
  • In Stadtteilzeitungen erfolgt eine regelmäßige Berichterstattung über das Projekt.
  • Auf Social-Media-Kanälen des IB werden regelmäßig Aktionen und Informationen über die Lernoase gestreut.
  • Multiplikator*innen und Netzwerkpartner*innen in den hiesigen Behörden und sozialen Einrichtungen im Stadtteil sind über Arbeitskreise, Arbeitsgruppen, Netzwerke, öffentliche Bekanntmachungen und persönliche Kontakte über das Angebot in der Lernoase informiert und vermitteln Menschen mit Unterstützungsbedarf entsprechend.

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